Schicksalsschläge und Glückstage

16.07.2019

Zur Kirchweih im Johannisthal hat Direktor Manfred Strigl mit dem bekannten Behindertensportler Gerd Schönfelder einen Co-Prediger eingeladen.

Johannisthal.

Normalerweise predigt Direktor Manfred Strigl in der Hauskapelle des Begegnungshauses Johannisthal ganz allein. Seine Gottesdienste sind nicht zuletzt wegen seiner lebendigen und lebensnahen Predigten gut besucht. Zur Kirchweih gab es heuer eine Besonderheit.
In einer Dialogpredigt sprachen Strigl und Schönfelder über Gott und die Welt, über Schicksalsschläge und Glückstage und wie die frohe Botschaft ins Heute übertragen werden kann. Schönfelder erzählte über jenen schicksalhaften Tag im Jahr 1989, der sein ganzes Leben verändern sollte. Nach dem Unfall, der den damals 19-Jährigen aus der Bahn warf, habe er natürlich mit dem Schicksal gehadert und wieder und wieder die Frage nach dem Warum gestellt. Er sei oft Gott ins Zwiegespräch gegangen. „Eine direkte Antwort habe ich damals nicht bekommen, doch im Nachhinein betrachtet hat mir Gott aber trotzdem geantwortet.“
Kurz nach dem Unfall kaufte sich Schönfelder eine neue Stereoanlage, um sich selbst wieder ein wenig aufzubauen. „Mit CD-Player. Das war damals ganz modern.“ Dazu auch seine allererste CD von der britischen Hardrock-Band „Def Leppard“. Zu Hause habe er sich erstmal in aller Ruhe das Booklet angeschaut. Und dann sah er, dass der Schlagzeuger der Band einarmig ist. Eine Erkenntnis, die ihn maßgeblich beeindruckte. „Ich wollte deswegen kein Schlagzeuger werden, doch das Foto auf dem Cover hat mir vor Augen geführt, dass man auch mit einem Arm etwas werden kann.“ Für ihn ein göttliches Zeichen.
Ein gutes halbes Jahr nach dem Unfall besuchte Schönfelder nach der Reha zu seiner Oma, die ihm eine Brotzeit machte und den „Neuen Tag“ auf den Tisch legte. Im Sportteil stolperte er zufällig über einen Artikel über die Weltmeisterschaften im Behindertensport in Winter Park (Colorado). Der erste Gedanke war: „Unglaublich, dass es sowas gibt.“ Der zweite: "Warum hat mit die Oma die Zeitung hingelegt?" Schönfelder: "Das hat in meinen Kopf einiges in Bewegung gesetzt. Von da an wusste ich: Das will ich auch.“
War es Zufall, war es Schicksal, war es göttliche Fügung? Schönfelder hält sich da an die Weisheit seiner Oma, die ihm es so erklärt habe: "Dies ist die Fähigkeit Gottes, Unerkannt zu bleiben." Heute ist sich Schönfelder sicher: „Irgendeinen Grund muss es haben, warum ich überhaupt noch da bin. Diese zwei Erlebnisse gaben mir Antworten auf meine Fragen und machten mir Mut. Sie sagten mir: „Du hast noch eine Aufgabe.“ Und diese Aufgabe sollte für ihn der Sport werden. „30 Jahre ist es nun her und im Rückblick war der schlimmste Tag in meinen Leben ein Glückstag.“ Die Gottesdienstbesucher quittierten die offenen und sehr persönlichen Worte von Schönfelder mit spontanem Applaus. Musikalisch passend umrahmt wurde der Festgottesdienst vom Ensemble "Vocalista ad hoc" aus Erbendorf unter Leitung von Stefanie Rüger und Holger Popp an der Orgel. Nach der Festmesse schloss sich auf dem Dorfplatz ein Frühschoppen an.

erschienen bei onetz.de

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